Unsichtbare Schäden mit gravierenden Auswirkungen
Essen und Trinken sind Grundbedürfnisse des Menschen. Doch enthalten die verzehrten Speisen neben Nährstoffen auch zahlreiche Substanzen, die in Zellen unseres Körpers schädliche Prozesse auslösen. Diese können schleichend und versteckt ablaufen und – anders als bei akuten Vergiftungen – lange unbemerkt bleiben, was sie umso gefährlicher macht.
Die schädlichen Wirkungen von Lebensmitteln und ihrer Inhaltsstoffe zu untersuchen, das ist ein Aufgabengebiet der Ernährungstoxikologie. Die Folgen solcher Schäden, die ernährungsbedingt an unserem Erbgut, der DNA, entstehen, untersucht Dr. Andriy Khobta, neuer Professor für Ernährungstoxikologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Prävention von vermeidbaren Genveränderungen
In Lebensmitteln enthaltene Stoffe können im Körper zu genotoxischen Metaboliten umgewandelt werden: zu chemischen Stoffwechselprodukten, die auf das Erbgut schädlich wirken. „Die induzierten Schäden an der DNA können zu Mutationen führen, d. h. zu irreversiblen Veränderungen der Nukleotidsequenz von Genen“, erklärt der Wissenschaftler ukrainischer Herkunft.
„Diese machen sich aber nicht sofort, sondern meistens erst nach Jahrzehnten bemerkbar. Allmählich werden durch die Ansammlung von Mutationen mehrere kritische Gene betroffen, was die Eigenschaften der Zellen auf gefährliche Weise verändert. Erst dann entsteht eine Erkrankung“, fährt der Jenaer Ernährungstoxikologe fort. Die wohl bekannteste Erkrankung dieser Art ist Krebs. Gegenwärtig wird nahezu jeder vierte Todesfall in Deutschland durch Krebs verursacht. Die Forschung auf diesem Feld sei besonders wichtig, zumal ein Großteil der durch Genschäden verursachten Krankheitsfälle vermeidbar sei. „Wir versuchen herauszufinden, was die Gründe für die Mutationen sind und welche Rolle insbesondere die ernährungsbezogenen Faktoren dabei spielen.“
Ursachensuche mit künstlichen DNA-Schäden
Um DNA-Schäden und ihre Folgen in Zusammenhang zu bringen, verwenden die Jenaer Wissenschaftler DNA-Abschnitte mit synthetischen „Bausteinen“, welche die durch Fremdstoffe hervorgerufenen Schäden genau nachbilden. Solche synthetischen Schäden werden gezielt in ein genetisches Element bakteriellen Ursprungs eingefügt, das in der Lage ist, ein Reportergen in menschliche Zellen zu übertragen.
„Der große Vorteil eines solchen Verfahrens gegenüber den herkömmlichen gentoxikologischen Testmethoden ist, dass sowohl die Struktur als auch die Position der geschädigten Stelle genau definiert sind. So werden die in Humanzellen entstehenden Mutationen nicht nur direkt ermittelt, sondern auch eindeutig der spezifischen Art des Schadens zugeordnet“, so Khobta.
Studierende sollen Zusammenhänge und Wirkungsmechanismen verstehen
Seine Forschungsergebnisse lässt Khobta auch in seine Lehre einfließen. Den Fokus setzt er dabei auf die molekularen Wirkmechanismen von Fremdstoffen. „Alle biologischen Wirkungen beruhen auf Interaktionen der Substanzen mit spezifischen Zielmolekülen im Körper“, erläutert der Toxikologe, der zuvor an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz tätig war.
„Angesichts der enormen Komplexität der möglichen Effekte ist es besonders wichtig zu erkennen, welche Zielmoleküle und Signalwege für die Entstehung von Schäden an Zellen und Organen entscheidend sind. Ich strebe danach, die Studierenden anzuregen, die wichtigsten molekularen Zusammenhänge zu erfassen, die die biologischen Folgen bestimmen.“ Dies will der Dozent mit einer problemorientierten und interaktiven Lehre der Ernährungstoxikologie erreichen.
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Info, Vivien Busse // UNI Jena
Foto: Anne Günther // Universität Jena