Nele Kuhlmann ist neue Professorin für Allgemeine –  Systematische Erziehungswissenschaft der Universität Jena

Was lässt sich unter anerkennendem pädagogischen Handeln verstehen? Und welchen Problemen begegnen Pädagoginnen und Pädagogen, wenn sie anerkennend handeln wollen? Diesen Fragen geht Prof. Dr. Nele Kuhlmann nach. Sie hat in diesem Jahr die Tenure-Track-Professur Allgemeine/Systematische Erziehungswissenschaft am Institut für Erziehungswissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität übernommen. Im Fokus ihrer Lehre stehen Ansätze pädagogischer Ethik sowie grundbegriffliche Überlegungen zu Erziehung, Bildung und Sozialisation.

Studierenden einen pädagogischen Takt vermitteln – Ethik als Kern der Erziehungswissenschaft

So konzentriert sich Nele Kuhlmann besonders auf die Ethik pädagogischen Handelns. „Mich interessiert dabei, wie eine Person pädagogische Verantwortung übernehmen kann, ohne dabei die Eigenverantwortung des Kindes oder der jugendlichen Person zu unterbinden“, erklärt die Wissenschaftlerin das Themenfeld. Dabei stehen Pädagoginnen und Pädagogen vor dem Problem, dass sie zum einen Freiräume für verantwortliches Handeln von Kindern schaffen sollen, zum anderen aber weiterhin in der Verantwortung für das Handeln der Kinder stehen. Diese verschränkte Verantwortung kennzeichnet Ansätze der pädagogischen Ethik.

Forschungsschwerpunkt in der Schulpädagogik

Diesen Fragen geht Kuhlmann unter anderem in der qualitativen Schulforschung nach. Anhand von Videos aus dem Unterricht, zum Beispiel, wenn Schülerinnen und Schüler den Unterricht bewerten, untersucht sie, wie kommuniziert wird und wie Schülerinnen und Schüler in pädagogischen Handlungen, etwa bei Lob oder Prüfungen im Unterricht, adressiert werden. „Häufig verläuft die Unterrichtskommunikation nach eingeübten Mustern und offene Situationen oder Konflikte werden schnell wieder in diese Muster überführt“, so die Erziehungswissenschaftlerin.

In ihren Vorlesungen und Seminaren analysiert sie gemeinsam mit den Studierenden anhand solcher praktischer Fälle, wodurch sich pädagogische Interaktionen auszeichnen, welche strukturellen Probleme sich dabei ergeben können und auch, wie Lehrende in der Situation anders agieren könnten. „Es geht dabei nicht darum, Rezepte für richtiges Handeln zu erlernen, sondern vielmehr ein Gefühl für pädagogische Situationen zu entwickeln, um diese gewissermaßen lesen zu können“, so die 32-Jährige.

Pädagogisches Taktgefühl entwickeln und vermitteln

Ausgehend von ihrer qualitativen Anerkennungsforschung argumentiert Nele Kuhlmann, dass sich pädagogische Tätigkeiten durch Spannungen auszeichnen, die nicht einfach aufzulösen sind. Den reflektierenden Blick von außen auf das pädagogische Handeln möchte sie deshalb ihren Studierenden mit auf den Weg geben. „Mein Ziel ist es, den Studierenden einen pädagogischen Takt zu vermitteln.

Sie sollen ein Gefühl für soziale Situationen sowie ein Gespür für ihr Handeln und dessen Folgen entwickeln.“ Gemeinsam mit ihrem Kollegen Prof. Dr. Nils Berkemeyer möchte sie diese qualitative Anerkennungsforschung auch außerhalb der Wissenschaft nutzbar machen und beispielsweise Schulen in ihren Entwicklungsprozessen damit begleiten.

Besonderer Forschungsansatz

Neben ihrem Schwerpunkt zeichnet die Erziehungswissenschaftlerin auch ihre Forschungsmethode aus. Die Verbindung von Grundlagentheorie und einer fallbezogenen qualitativ-empirischer Forschung ist in der Erziehungswissenschaft bisher wenig verbreitet. Durch diese Art der Forschung ermöglicht sie den Studierenden, strukturelle Probleme des pädagogischen Handelns sichtbar zu machen und reflexiv zu bearbeiten.

Nele Kuhlmann lehrt am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Jena. (Foto: Anne Günther / Universität Jena)
Prof. Dr. Nele Kuhlmann, Juniorprofessorin für Allgemeine/Systematische Erziehungswissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena Institut für Erziehungswissenschaften, aufgenommen am 07.07.2021 in Jena. Foto: Anne Günther/Universität Jena

Spannende Perspektiven und exzellente Förderung locken nach Jena

„Die Universität Jena spielte besonders für die Entwicklung der Erziehungswissenschaft eine große Rolle und bietet gerade deshalb aus allgemein-pädagogischer Perspektive ein sehr spannendes Umfeld“, begründet die Juniorprofessorin, warum sie an die Friedrich-Schiller-Universität wechselte. „Auch die aktuellen Arbeiten am Institut sind für mich sehr anschlussfähig, da Fragen von Inklusion, Anerkennung und Partizipation aus unterschiedlichen Perspektiven bearbeitet werden.“

Zudem sei das Förderprogramm für Tenure-Track-Professuren an der Universität Jena exzellent, so die gebürtige Bielefelderin, die zuletzt als Akademische Rätin an der Universität Bayreuth tätig war und im vergangenen Jahr außerdem ihre Dissertation mit „summa cum laude“ an der Ruhr-Universität Bochum abschloss.

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Info, Vivien Busse // UNI Jena 
Foto: Anne Günther // Universität Jena