Stadt Jena mit Kritik an Corona-Strategie der Landesregierung
Thüringens Minister für Bildung, Jugend und Sport, Helmut Holter, sprach sich am Freitag wiederholt gegen eine Testpflicht an den Schulen des Freistaats aus. Darüber hinaus stellte er seine Überzeugung dar, dass aus den Schulen heraus die Infektionen nicht in die Bevölkerung getragen werde. MDR Thüringen zitierte ihn mit den Worten: »Das zeigten wissenschaftliche Erkenntnisse. Wer anderes behauptet, verbreite Hysterie«
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Jenaer Stadtspitze schockiert
Die Jenaer Stadtspitze zeigt sich über diese Aussagen schockiert. Hinweise des RKI zu Häufungen von Ausbruchsgeschehen in Schulen werden nicht nur negiert, die Expertise wird sogar als unwissenschaftlich herabgestuft. Darüber hinaus wird das Pandemiemanagement der Landesregierung weiter durch stetige Realitätsverweigerungen ersetzt. Steigende Infektionszahlen in Thüringen sollen durch ein Gutachten erklärt werden. Offen kommunizierte Missachtung der gültigen Landesverordnung wird nicht nur hingenommen – sie wird auch durch das Gesundheitsministerium gedeckt. Die Bemühungen Jenas um die freiwillige Weiterführung von Schultests wurde sogar untersagt.
Oberbürgermeister Dr. Thomas Nitzsche verdeutlicht noch einmal die Corona-Strategie der Stadt: »Möglichst wenig Infektionen – dafür haben wir sehr stringente und immer wieder auch präventive Maßnahmen ergriffen. Und diese auch mit den entsprechenden Branchen und Betroffenen frühzeitig kommuniziert, um eine bessere Planbarkeit in der Umsetzung zu ermöglichen. Die Zahlen sprechen für sich: Während in anderen Städten und Landkreisen die 7-Tage-Inzidenz aktuell deutlich ansteigt, kann Jena auf dauerhaft niedrigere Fallzahlen verweisen. Im Sinne eines stabilen Gesundheitswesens werden wir unsere Pandemiestrategie fortführen. Wir erwarten, dass die Landesregierung diese Bemühungen unterstützt und nicht sabotiert.«
Gleichzeitig verwies Nitzsche auf die Ausgewogenheit von regeln und ermöglichen: »Wir sagen ganz klar Ja zum Infektionsschutz, aber auch Ja zu Sport- und Kultur-Veranstaltungen oder auch Festen, etwa dem Weihnachtsmarkt. All diese Formate sollen und werden in Jena weiter stattfinden, müssen aber für alle Teilnehmenden sicher gestaltet sein.«
Ausbleiben einer Teststrategie an Schulen und Kitas nicht länger hinnehmbar
Für Krisenstabsleiter und Dezernent Benjamin Koppe steht fest, dass die Landesregierung auch in der aktuellen Situation planlos und ohne eigene Strategie agiert: »Das Ausbleiben einer Teststrategie an den Gemeinschaftseinrichtungen zum Gesundheitsschutz unserer Kinder ist nicht mehr hinnehmbar. Weiterhin braucht es dringend einheitliche und klare Vorgaben durch das Land, welche Regelungen bei Überschreiten von Corona-Warnstufen in den kreisfreien Städten und Landkreisen Gültigkeit haben. Alles andere sorgt nachhaltig für Verunsicherung unter den Bürgerinnen und Bürgern.«
Angesichts stark steigender Inzidenzen, die Thüringen nun wieder den wenig ruhmreichen ersten Platz unter allen Bundesländern einbringt, angesichts der aktuellen Inzidenz in der Altersgruppe der 5- bis 14-jährigen weit über der 300er-Marke, angesichts einer stetig steigenden Auslastung der Intensivstationen, kommen von den verantwortlichen Ministerien weiterhin nur beschwichtigende Worte.
Mit Jena wird es keine Laissez-faire-Haltung im Gesundheitsschutz geben
Bürgermeister Christian Gerlitz unterstreicht: »Erneut sehen wir in Thüringen einen Flickenteppich an Regelungen, erneut gibt es geteilte Zuständigkeiten in der Landesregierung, erneut sehen wir Thüringer Sonderwege im Pandemiemanagement, die schon jetzt zu den höchsten Infektionszahlen in ganz Deutschland führen. Nur in Sachsen gab es in der Pandemie zeitweise eine noch dramatischere Situation als in Thüringen. Aus Sicht des Jenaer Krisenstabes stellt sich nach anderthalb Jahren Corona-Pandemie die Frage, ob man in Thüringen nicht für einen konsequenten Gesundheitsschutz, aber auch klare und nachvollziehbare Regeln sorgen kann oder nicht sorgen will.«
Leider haben einige kommunal Verantwortliche diese Laissez-faire-Haltung mehr und mehr übernommen, auch weil die Thüringer Verordnungslage anders als in anderen Bundesländern die Möglichkeit dazu gibt. Fehler der bisherigen Coronawellen wurden einfach wiederholt und tragen dadurch zusätzlich zu Unmut und Akzeptanzproblemen bei. Die Quittung in Form von teilweise verdoppelten Infektionszahlen folgte innerhalb weniger Tage.
Ein Blick in die Statistik zeigt: Thüringen ist Mitte Oktober 2021 auf dem Stand der Infektionszahlen von Anfang Dezember 2020.
Umkehr in der Corona-Strategie des Landes gefordert
Seitens der Verantwortlichen in Jena wird eine sofortige Änderung in der Corona-Strategie des Landes gefordert. Der Vorwurf, Hysterie zu verbreiten, ist ein Schlag ins Gesicht aller im Gesundheitswesen Tätigen, aller Pflegekräfte und aller Menschen, die umsichtig die Regeln befolgen und damit einen wirklichen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten. Weiterhin schließt sich die Stadt der Forderung der Thüringer SPD-Fraktion nach sofortiger Einführung verpflichtender Tests in Schulen an. Nur so können Infektionsgeschehen lokalisiert und eingedämmt werden.
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Fotografik: Frank Liebold JenaFotografx.de