Initiative „Verkehrswende statt Osttangente“ fordert neues Verkehrskonzept und Stopp der Osttangente

Die Stadt Jena plant den millionenschweren Ausbau der Bundesstraße 88 im Jenaer Stadtzentrum zu einer vier Spuren breiten Straße. Das Projekt ist bekannt unter dem Namen „Osttangente“. Begründet wird der Bau unter anderem damit, dass nur mit diesem die Verkehrsberuhigung des östlichen Löbdergrabens möglich wäre. In der letzten Sitzung des Jenaer Stadtrats wurde eine Einwohneranfrage beantwortet, in der es um die aktuelle Verkehrssituation auf der Bundesstraße 88 und Alternativen zur Osttangente ging.

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Aus der Antwort der Stadtverwaltung auf die Frage nach der gegenwärtigen Auslastung des auszubauenden Abschnitts geht hervor, dass dieser etwa zwei Stunden am Morgen und nachmittags etwa drei bis vier Stunden stark belastet sei. Darüber hinaus umführen viele Autofahrende die stark belastete Bundesstraße, zum Beispiel über das Damenviertel und den östlichen Löbdergraben. Ziel der vierspurigen Osttangente sei die Bündelung des Verkehrs auf einer Hauptroute.

Hintergrund-Informationen Bürger*innen-Initiative „Verkehrswende statt Osttangente“

Dass der Durchgangsverkehr der Antwort zufolge nur maximal 10 % des Verkehrs in Jena ausmacht, verdeutlicht aus Sicht der Bürger*innen-Initiative „Verkehrswende statt Osttangente“, wie bedeutsam die B 88 momentan für die innerstädtische Mobilität sowie den Pendelverkehr ist. Diesen Anforderungen soll nicht einfach mit Straßenausbau nachgegeben werden. Der Frage, ob die Stadt Alternativen zur Osttangente geprüft hat, wich die Stadtverwaltung allerdings aus und gab lediglich an, dass alternative Maßnahmen im Stadtrat nicht mehrheitsfähig seien.

Die Bürger*innen-Initiative begrüßt ausdrücklich die Verkehrsberuhigung des östlichen Löbdergrabens, auch da dort aufgrund des neuen Universitätsstandorts viel mehr Fußgänger*innen zu erwarten sind. „Die Osttangente ist aus unserer Sicht dafür aber nicht nötig,“ sagt Pascal Zillmann, der in der Initiative aktiv ist. Stattdessen müsse in den massiven und barrierefreien Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel investiert werden. „Viele Leute möchten gern mit Bus, Zug oder Straßenbahn statt mit dem Auto zur Arbeit fahren – egal, ob sie in Jena wohnen oder pendeln. Sie können es aber nicht, weil ihnen einfach das nötige Angebot fehlt. Wenn wir ihnen die Möglichkeit dazu schaffen, klappt es auch ohne eine Verbreiterung der B 88 mit der Beruhigung des östlichen Löbdergrabens.“

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Pascal Zillmann ergänzt ein Beispiel: „Für die Pendelnden ist die Saalbahn von entscheidender Bedeutung. Wenn dort in einem regelmäßigen und dichten Takt Züge fahren, die wie eine S-Bahn auch an kleineren Orten halten, kann das die B 88 erheblich entlasten. Außerdem muss ein attraktives ‚Park and Ride‘-Konzept erstellt werden, damit viele Menschen ihr Auto am nächsten Bahnhof unkompliziert abstellen und bequem und schnell mit der Bahn in die Stadt fahren können. Dafür müssen wir uns aber als Stadt gegenüber der Landesregierung stark machen und eng mit den umliegenden Gemeinden kooperieren.“

Aus Sicht der Bürger*innen-Initiative ist die Osttangente nicht zukunftsfähig. Mit ihr werden 30 Millionen Euro Steuermittel für ein Projekt verbraucht, das einer sozial gerechten und umweltbewussten Verkehrspolitik widerspricht und wichtigen Investitionen im Weg steht. Auch ist die Verkehrsberuhigung des östlichen Löbdergrabens schon in Kürze nötig, sobald der Inselplatz-Campus fertiggestellt ist. Die Fertigstellung der Osttangente wird dagegen noch viele Jahre auf sich warten lassen.

Karte Osttangente, Kartengrafik Initiative „Verkehrswende statt Osttangente“
Karte Osttangente, Kartengrafik Initiative „Verkehrswende statt Osttangente“

Die Bürger*innen-Initiative „Verkehrswende statt Osttangente“ fordert die Stadtpolitik daher dazu auf, das Projekt „Osttangente“ umgehend zu stoppen und ein alternatives Mobilitätskonzept für Jena zu erstellen. Die Verkehrsberuhigung des östlichen Löbdergrabens ist für die weitere Entwicklung der Jenaer Innenstadt essenziell. Jedoch ist die Osttangente dafür keine Voraussetzung – und vor allem nicht die beste Lösung. Die Stadtplanung muss sich künftig vorrangig dem Fuß- und Radverkehr sowie dem Bus und der Straßenbahn widmen und das privat genutzte Auto zurückstellen, damit umweltfreundliche Verkehrsmittel stärker genutzt werden können. Das bringt mehr Platz für alle Menschen in der Stadt, stärkt die soziale Gerechtigkeit und trägt erheblich zum Klimaschutz bei.

Viel Zuspruch für die Initiative

Seitdem sich die Initiative aus etwa 15 Aktiven im Sommer zusammengefunden hatte, haben sich bereits zahlreiche weitere Gruppen hinter sie und ihre Forderungen gestellt. Dazu gehören unter anderem der BUND, der Verkehrsclub Deutschland sowie die Jenaer „for Future“-Gruppen. Rückhalt bekommt die Initiative auch vom Car-Sharing-Anbieter teilAuto Thüringen und von den Bürgerinitiativen „Lebenswertes Jena“ und für Soziales Wohnen.

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Darüber hinaus haben sich inzwischen etwa 25 Personen und Gruppen aus Jena auf der Webseite der Initiative mit Statements für eine Verkehrswende stark gemacht. Unter ihnen sind neben Wissenschaftler*innen und Bürger*innen auch Politiker*innen sowie die Jenaer Ortsgruppen der Linksjugend und der Grünen Jugend. Auch die Ortsteilbürgermeisterin von Jena-Zentrum, Kathleen Lützkendorf, hat sich positioniert.

„Der große Rückhalt, den wir in der kurzen Zeit bekommen haben, zeigt mir, dass viele Menschen in Jena eben nicht hinter der Entscheidung des Stadtrates stehen, sondern sich eine andere Stadtplanung wünschen,“ sagt Pascal Zillmann dazu.

Die Stadt Jena plant den millionenschweren Ausbau der Bundesstraße 88 im Jenaer Stadtzentrum zu einer vier Spuren breiten Straße. Stopp der Osttangente! // Symbolfoto - Pixabay
Die Stadt Jena plant den millionenschweren Ausbau der Bundesstraße 88 im Jenaer Stadtzentrum zu einer vier Spuren breiten Straße. Stopp der Osttangente! // Symbolfoto – Pixabay

Alle Interessierten, die die Verkehrswende in Jena mitgestalten wollen, sind herzlich dazu eingeladen, sich in der Initiative einzubringen. Für weitere Informationen verweist sie auf ihre Webseite www.osttangente-jena.de.

Hintergrund

Hinter der „Osttangente“ versteckt sich der Ausbau der Bundesstraße 88 zu einer vier Spuren breiten Umgehungsstraße für die Jenaer Innenstadt. Der Ausbau soll an der Paradiesbrücke beginnen und sich bis zur Käthe-Kollwitz-Straße (bei der Feuerwehr) erstrecken. Die Baukosten werden derzeit auf etwa 30 Millionen Euro geschätzt. Begründet wird das Projekt unter anderem damit, dass nur mit ihr die Verkehrsberuhigung des östlichen Löbdergrabens möglich wäre – die Straße zwischen dem Hauptgebäude der Universität und dem Inselplatz, der derzeit bebaut wird. Die Innenstadt soll damit nach Osten erweitert werden.

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Info, BI „Verkehrswende statt Osttangente“ – Pascal Zillmann
Grafik und Foto, Karte BI „Verkehrswende statt Osttangente“ // Titelbild symbolisch Pixabay