Elektrische Felder steuern erstmals den Spin eines Moleküls

Ein Forschungsteam der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat gemeinsam mit Kolleg:innen der Universität Florenz einen bedeutenden Fortschritt für die Quantentechnologie erzielt. Es gelang ihnen erstmals, den Spin-Zustand eines Moleküls gezielt mit einem elektrischen Feld zu beeinflussen – ein Meilenstein in der Entwicklung molekularer Qubits für zukünftige Quantencomputer.

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Spin-Manipulation ohne Magnetfeld: Neue Wege für Molekül-Qubits

Der Spin, also der Eigendrehimpuls der Elektronen, ist zentral für die Nutzung von Molekülen als Qubits. Je stabiler ein Spin-Zustand, desto geeigneter das Molekül als Speichereinheit. Bislang konnten Spins nur durch magnetische Felder oder indirekt über Spin-Bahn-Kopplung beeinflusst werden. Das Team um Prof. Dr. Winfried Plass hat nun erstmals direkt über ein elektrisches Feld auf den Spin eingewirkt – ohne den Umweg über Spin-Bahn-Kopplung.

Projektleiter Prof. Dr. Winfried Plass vom Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Universität Jena betrachtet den Kristall einer Kupferverbindung, mit der das Team seine Untersuchungen zu Spin-Zuständen in Molekülen durchgeführt hat (Foto: Nicole Nerger/Universität Jena)
Projektleiter Prof. Dr. Winfried Plass vom Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Universität Jena betrachtet den Kristall einer Kupferverbindung, mit der das Team seine Untersuchungen zu Spin-Zuständen in Molekülen durchgeführt hat (Foto: Nicole Nerger/Universität Jena)

Geometrisch frustriertes Spinsystem als Basis

Im Mittelpunkt der Forschung steht ein spezieller Kupferkomplex mit drei Spins, die ein sogenanntes geometrisch frustriertes Spinsystem bilden. Die Spins können sich durch die Dreiecksanordnung nicht alle antiparallel ausrichten – ein Zustand, der zu zwei gleichwertigen Spin-Chiralitäten führt. Diese besondere Anordnung ermöglichte den gezielten Eingriff per elektrischem Feld.

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Spin-Steuerung über organische Liganden

Das elektrische Feld wurde gezielt in der Ebene des Moleküldreiecks angelegt. Die Wirkung wurde über die Veränderung der Kopplungskonstanten messbar – ein Indikator dafür, wie stark die Spins miteinander interagieren. Eine Schlüsselrolle spielte dabei der Ligand, der als „Brücke“ zwischen den Spins fungiert. Dieser Ligand überträgt die Effekte des elektrischen Feldes auf die Spin-Kopplung.

Spinelektrische Effekte durch ESR-Messung sichtbar gemacht

Mittels Elektronenspinresonanz-Spektroskopie (ESR/EPR) wurde nachgewiesen, dass sich der Spin-Zustand eines Moleküls durch ein elektrisches Feld beeinflussen lässt – ein sogenannter spinelektrischer Effekt. Die Messungen an Kristallen zeigten zudem, wie stark dieser Effekt von der räumlichen Ausrichtung des Moleküls abhängt (Anisotropie).

Dr. Benjamin Kintzel ist Co-Autor des Papers. Er untersucht an einem ESR-Spektrometer (Elektronen-Spin-Resonanz-Spektrometer) spin-elektrische Effekte (Foto: Nicole Nerger/Universität Jena)
Dr. Benjamin Kintzel ist Co-Autor des Papers. Er untersucht an einem ESR-Spektrometer (Elektronen-Spin-Resonanz-Spektrometer) spin-elektrische Effekte (Foto: Nicole Nerger/Universität Jena)
Zukunft der Quantentechnologie: Präzise und energieeffizient

Die direkte Steuerung von Spins durch elektrische Felder bringt entscheidende Vorteile: höhere Präzision, schnellere Reaktionszeiten und einfachere technische Umsetzung. Molekül-Qubits auf dieser Basis könnten die Entwicklung energieeffizienter und leistungsfähiger Quantencomputer entscheidend vorantreiben. Zudem eröffnet die Erkenntnis über die Rolle des Liganden neue Möglichkeiten für das gezielte molekulare Design zukünftiger Qubit-Systeme.

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Info, Ute Schönfelder // UNI Jena
Fotografiken: Nicole Nerger, UNI Jena