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Stabilisierung einer jungen Republik

Forschungsstelle Weimarer Republik der Universität Jena lädt ein zur Fachtagung vom 26. bis 28. Februar Stabilisierung einer jungen Republik
Forschungsstelle Weimarer Republik der Universität Jena lädt ein zur Fachtagung vom 26. bis 28. Februar Stabilisierung einer jungen Republik

Am 13. März 1920 besetzen rechtsnationale Kräfte das Berliner Regierungsviertel. Die Regierung der Weimarer Republik flüchtet. Die Putschisten erklären die demokratisch gewählte Führung für abgesetzt und ernennen den ehemaligen preußischen Generallandschaftsdirektor Wolfgang Kapp zum Reichskanzler. SPD und Gewerkschaften rufen daraufhin zu einem Generalstreik auf, der das Land lahmlegt. Die Ministerialverwaltung verweigert die Zusammenarbeit mit den Aufständischen. Vier Tage nach seinem Beginn ist der sogenannte Kapp-Putsch gescheitert – die Weimarer Republik hat ihre erste große Bewährungsprobe bestanden.

Wie es der jungen Demokratie gelungen ist, sich gegen solche und weitere Attacken zu verteidigen und sich nicht zuletzt dank sicherheitspolitischer Maßnahmen zu stabilisieren, darüber wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler während der diesjährigen Fachtagung der Forschungsstelle Weimarer Republik der Friedrich-Schiller-Universität Jena und des Weimarer Republik e. V. diskutieren. „Vom drohenden Bürgerkrieg zum demokratischen Gewaltmonopol, 1918-1924“ lautet der Titel der Konferenz, die vom 26. bis 28. Februar im Weimarer Kulturzentrum Mon Ami stattfindet. Bereits seit dem vergangenen Sommer arbeiten Historiker und Politikwissenschaftler an der Forschungsstelle Weimarer Republik im von der Gerda-Henkel-Stiftung geförderten Forschungsprojekt „Das demokratische Gewaltmonopol in der Weimarer Republik, 1918-1924“ zu diesem Themenkomplex.

Forschungsstelle Weimarer Republik der Universität Jena lädt ein zur Fachtagung vom 26. bis 28. Februar

Stabilisierung einer jungen Republik

Republikfeindliche Strömungen und Gegenmaßnahmen

„Die größte politische Herausforderung der jungen Republik war unter anderem, ein obrigkeitsstaatliches Gewaltmonopol in ein demokratisches zu transformieren“, sagt Dr. Andreas Braune von der Forschungsstelle Weimarer Republik der Universität Jena, der gemeinsam mit dem Forschungsstellenleiter Prof. Dr. Michael Dreyer zur Tagung einlädt. „Dabei spielte die sicherheitspolitische Konsolidierung eine gewichtige Rolle, da sich die neue Regierung gegen radikale Gegner von links und rechts verteidigen musste.“ Der Kapp-Putsch und die Unruhen in seiner Folge, Rechtsterrorismus und politische Morde – etwa an Außenminister Walther Rathenau und dem ehemaligen Finanzminister Matthias Erzberger – sowie der Hitler-Ludendorff-Putsch Ende 1923 sind Beispiele für das Gewaltpotenzial auf Seiten der Republikgegner. Auch die Gefahr eines Bürgerkriegs habe bestanden.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen während der Tagung zum einen die unterschiedlichen republikfeindlichen Strömungen analysieren, als auch die Gegenmaßnahmen von Seiten der Politik genauer beleuchten, durch die 1924 zunächst eine Stabilisierung der Lage gelang. Wie ging Reichspräsident Ebert mit dem Artikel 48 der Verfassung um, der ihm außerordentliche Kompetenzen im Falle eines Ausnahmezustands verlieh? Welchen Einfluss hatte das 1924 gegründete Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, ein Wehrverband zur Verteidigung der Demokratie? Wie wurden Polizeistrukturen neu geordnet? Das sind nur einige Fragen, über die die etwa 25 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untereinander und mit dem interessierten Publikum diskutieren werden. Zudem zeichnen die Veranstalter während des Treffens hervorragende Forschungsarbeiten zu dieser Epoche von Nachwuchswissenschaftlern aus.

„Weimarer Verhältnisse“ 

Dass Gesprächsbedarf zur Weimarer Republik besteht, machen nicht zuletzt die aktuellen politischen Geschehnisse – etwa im Rahmen der Thüringer Ministerpräsidentenwahl – deutlich. Immer wieder werden Vergleiche zwischen der politischen Situation heute mit der vor 100 Jahren gezogen. „Sicherlich gibt es einige Parallelen, etwa die erstarkten populistischen und rechtsnationalen Strömungen, doch ist die Ausgangslage heute eine andere“, sagt der Jenaer Politikwissenschaftler. „Unsere Demokratie ist weitaus gefestigter, die Eliten unseres Landes stehen auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Trotzdem braucht es eine sensorische Sensibilität, um Warnzeichen zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken.“ Die Weimarer Republik konnte zerstört werden, weil sich nicht genügend überzeugte Demokraten fanden, um die gezielte Zerstörung durch alte Eliten und die NSDAP zu verhindern.

Die Tagung „Vom drohenden Bürgerkrieg zum demokratischen Gewaltmonopol, 1918-1924“ findet vom 26. bis 28.2. im Weimarer Kulturzentrum „Mon Ami“ (Goetheplatz 11) statt. Die Veranstaltung ist öffentlich, eine Anmeldung ist Pflicht. Informationen dazu und zum Programm sind zu finden unter www.weimarforschung.uni-jena.de/Veranstaltungen/Fachkonferenz+2020_+B%C3%BCrgerkrieg+und+Gewaltmonopol-p-330

Info, FSU JENA // Till Bayer

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