Die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat heute die Zweite Thüringer Verordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Zweite Quarantäneverordnung) erlassen und den Chef der Staatskanzlei gebeten, deren Verkündung wegen der Eilbedürftigkeit aufgrund der besonderen Umstände gemäß § 9 des Thüringer Verkündungsgesetzes auf diesem Wege der Veröffentlichung vorzunehmen und die Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt baldmöglichst zu veranlassen. Mit der Veröffentlichung im Internet und in den Medien wird das Inkrafttreten dieser Verordnung zum 26. Mai 2020 gewährleistet.“
Zweite Thüringer Verordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Zweite Quarantäneverordnung)
Vom 25. Mai 2020
Aufgrund des § 32 Satz 1 in Verbindung mit den §§ 28, 29, 30 Abs. 1 Satz 2 und § 31 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 587), in Verbindung mit § 7 der Thüringer Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Ermächtigungen nach dem Infektionsschutzgesetz vom 2. März 2016 (GVBl. S. 155) verordnet das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie:
§ 1 Häusliche Quarantäne für Ein- und Rückreisende; Beobachtung
Personen, die auf dem Land-, See- oder Luftweg aus einem Staat außerhalb der Staatengruppe nach Absatz 4 nach Thüringen einreisen, sind verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in die eigene Häuslichkeit oder eine andere geeignete Unterkunft zu begeben und sich für einen Zeitraum von 14 Tagen nach ihrer Einreise ständig dort abzusondern; dies gilt auch für Personen, die zunächst in ein anderes Land der Bundesrepublik Deutschland oder in einen anderen Staat der Staatengruppe nach Absatz 4 eingereist sind. Den in Satz 1 genannten Personen ist es in diesem Zeitraum nicht gestattet, Besuch von Personen zu empfangen, die nicht ihrem Haushalt angehören; ausgenommen sind Zutrittsrechte für Seelsorger und Urkundspersonen entsprechend § 30 Abs. 4 Satz 2 IfSG.
Die von Absatz 1 Satz 1 erfassten Personen sind verpflichtet, unverzüglich die für sie zuständige Behörde zu kontaktieren, und auf das Vorliegen der Verpflichtungen nach Absatz 1 hinzuweisen. Die von Absatz 1 Satz 1 erfassten Personen sind ferner verpflichtet, beim Auftreten von Krankheitssymptomen die zuständige Behörde hierüber unverzüglich zu informieren.
Für die Zeit der Absonderung unterliegen die von Absatz 1 Satz 1 erfassten Personen der Beobachtung durch die zuständige Behörde.
Staatengruppe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Island, das Fürstentum Liechtenstein, Norwegen, die Schweiz und das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland.
Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für Personen, die aus einem Staat innerhalb der Staatengruppe nach Absatz 4 einreisen, der laut Veröffentlichung des Robert Koch-Instituts nach den statistischen Auswertungen und Veröffentlichungen des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten eine Neuinfiziertenzahl im Verhältnis zur Bevölkerung von mehr als 50 Fällen je 100 000 Einwohner kumulativ in den letzten sieben Tagen aufweist.
Fotografik / Symbolfoto Thüringen, Landeshauptstadt Erfurt (Dein-Jena.de / Archiv)
§ 2 Tätigkeitsverbot
Personen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 5, die ihren Wohnsitz außerhalb Thüringens haben, dürfen innerhalb des in § 1 Abs. 1 Satz 1 genannten Zeitraums auf dem Gebiet Thüringens keine berufliche Tätigkeit außerhalb der eigenen Häuslichkeit ausüben.
§ 3 Ausnahmen von der häuslichen Quarantäne
Von § 1 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 5 nicht erfasst sind Personen,
(1) die beruflich bedingt grenzüberschreitend Personen befördern oder Waren und Güter auf der Straße, der Schiene, per Schiff oder per Flugzeug transportieren,
(2) deren Tätigkeit für die Aufrechterhaltung
a) der Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens,
b) der öffentlichen Sicherheit und Ordnung,
c) der Pflege diplomatischer und konsularischer Beziehungen,
d) der Funktionsfähigkeit des Rechtswesens,
e) der Funktionsfähigkeit von Volksvertretungen, Regierung und Verwaltung des Bundes, der Länder und der Kommunen oder
f) der Funktionsfähigkeit der Organe der Europäischen Union und internationaler Organisationen
zwingend notwendig ist; die zwingende Notwendigkeit ist durch den Dienstherrn oder Arbeitgeber zu prüfen und zu bescheinigen,
(3) die sich im Rahmen ihrer Tätigkeit als Mitarbeiter von Luft-, Schiffs-, Bahn-, oder Busverkehrsunternehmen oder als Besatzung von Flugzeugen, Schiffen, Bahnen und Bussen außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten haben.
Im Übrigen kann die zuständige Behörde in begründeten Einzelfällen auf Antrag weitere Befreiungen erteilen.
§ 1 gilt nicht für Personen, die zum Zweck einer mindestens dreiwöchigen Arbeitsaufnahme in das Bundesgebiet einreisen (Saisonarbeitskräfte), wenn am Ort ihrer Unterbringung und ihrer Tätigkeit in den ersten 14 Tagen nach ihrer Einreise gruppenbezogen betriebliche Hygienemaßnahmen und Vorkehrungen zur Kontaktvermeidung außerhalb der Arbeitsgruppe ergriffen werden, die einer Absonderung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 vergleichbar sind, sowie das Verlassen der Unterbringung nur zur Ausübung ihrer Tätigkeit gestattet ist. Der Arbeitgeber zeigt die Arbeitsaufnahme vor ihrem Beginn bei der zuständigen Behörde an und dokumentiert die ergriffenen Maßnahmen nach Satz 1. Die zuständige Behörde hat die Einhaltung der Maßnahmen bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 zu überprüfen.
§ 1 gilt nicht für Angehörige der Streitkräfte und Polizeivollzugsbeamte, die aus dem Einsatz und aus einsatzgleichen Verpflichtungen im Ausland zurückkehren.
§ 1 gilt nicht für Personen, die aus Staaten einreisen, für welche aufgrund belastbarer epidemiologischer Erkenntnisse durch das Robert Koch-Institut festgestellt wurde, dass das dortige Infektionsgeschehen eine Ansteckungsgefahr für den Einzelnen als gering erscheinen lässt.
§ 1 gilt nicht für Personen, die nur zur Durchreise nach Thüringen einreisen; diese haben das Gebiet Thüringens auf unmittelbarem Weg zu verlassen. Die hierfür erforderliche Durchreise durch das Gebiet Thüringens ist gestattet.
Die Absätze 1 bis 5 gelten nur, soweit die dort bezeichneten Personen keine Symptome aufweisen, die auf eine Erkrankung mit COVID-19 im Sinne der dafür jeweils aktuellen Kriterien des Robert Koch-Instituts hinweisen.
§ 4 Vollzug
Die Polizei unterstützt die für den Vollzug zuständigen Behörden.
§ 5 Bußgeldbestimmungen
Ordnungswidrig im Sinne des § 73 Abs. 1a Nr. 24 IfSG handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
sich entgegen § 1 Abs. 1 Satz 1 nicht absondert,
sich entgegen § 1 Abs. 1 Satz 1 nicht auf direktem Weg in die eigene Häuslichkeit oder eine andere geeignete Unterkunft begibt,
entgegen § 1 Abs. 1 Satz 2 Besuch empfängt,
entgegen § 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 die zuständige Behörde nicht oder nicht rechtzeitig kontaktiert,
entgegen § 2 eine berufliche Tätigkeit ausübt,
entgegen § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 eine unrichtige Bescheinigung ausstellt,
entgegen § 3 Abs. 2 Satz 2 die zuständige Behörde nicht informiert oder
entgegen § 3 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 Thüringen nicht auf unmittelbarem Weg verlässt.
§ 6 Weitergeltung des Infektionsschutzgesetzes; Übergangsbestimmungen
Die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes bleiben im Übrigen unberührt.
Personen, die nach § 1 der Thüringer Verordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 vom 9. April 2020 (GVBl. S. 131) in der bis zum 25. Mai 2020 geltenden Fassung zur Absonderung verpflichtet waren, sind weiterhin zur Fortsetzung der Absonderung bis zum Ablauf des Zeitraums von 14 Tagen nach ihrer Einreise verpflichtet, wenn sie aus einem Staat außerhalb der Staatengruppe nach § 1 Abs. 4 nach Thüringen eingereist sind; § 1 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 gilt entsprechend. Die Pflicht zur Absonderung entfällt, wenn die Personen aus einem Staat eingereist sind, in dem im Zeitpunkt ihrer Einreise nach Thüringen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 vorlagen.
§ 7 Einschränkung von Grundrechten
Durch diese Verordnung werden die Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes, Artikel 3 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen), der Freizügigkeit (Artikel 11 des Grundgesetzes, Artikel 5 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes, Artikel 8 der Verfassung des Freistaats Thüringen) eingeschränkt.
§ 8 Gleichstellungsbestimmung
Status- und Funktionsbezeichnungen in dieser Verordnung gelten jeweils für alle Geschlechter.
§ 9 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft und mit Ablauf des 15. Juni 2020 außer Kraft.
Erfurt, den 25. Mai 2020
Info, Heike Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie.