Forschende der Friedrich-Schiller-Universität Jena werden federführend am Aufbau der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur beteiligt sein. Sie haben sich gleich zweimal im Wettbewerb um die Förderung in der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) durchgesetzt. Die gesamte NFDI wird in den nächsten zehn Jahren mit 90 Mio. Euro jährlich gefördert.
Daten mehrfach nutzen
Moderne Forschung erzeugt heute in allen Wissenschaftsbereichen große Mengen an Daten, deren Auswertung zu neuen Erkenntnissen führt. Diese Daten sind eine wertvolle Ressource: Ihre Erhebung ist oft teuer und nicht beliebig wiederholbar. Ihre Verfügbarkeit ist wichtig für die Reproduzierbarkeit wissenschaftlicher Ergebnisse und um ihre Nachnutzung für weitere Fragestellungen zu ermöglichen. Bund und Länder hatten deshalb den Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur beschlossen, um den Prozess des Daten- und Wissensmanagements in Deutschland auf solide Füße zu stellen und eine fächerübergreifende Infrastruktur zum Management und zur Nutzung von Forschungsdaten aufzubauen. Dazu wurde ein nationaler Wettbewerb ausgelobt, aus dem nun neun Konsortien erfolgreich hervorgegangen sind; darunter das NFDI4Chem-Konsortium, das federführend durch die Jenaer Universität getragen wird, und das NFDI4BioDiversitäts-Konsortium mit substanzieller Beteiligung der Uni Jena. Beide Konsortien werden ab Herbst 2020 für zunächst fünf Jahre mit jeweils bis zu 25 Millionen Euro gefördert.
Digitalisierung aller Bereiche des Forschungsprozesses in der Chemie
Das NFDI4Chem-Konsortium unter der Leitung der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) mit den Sprechern Prof. Dr. Christoph Steinbeck (FSU) und Dr. Oliver Koepler (TIB Hannover) will die Digitalisierung aller Bereiche des Forschungsprozesses in der Chemie vorantreiben. Dieses Vorhaben wird von acht Mitantragsstellern und mehr als einem Dutzend weiterer Institutionen unterstützt. „Wir werden am frühestmöglichen Zeitpunkt im Forschungsprozess, nämlich bei der Planung von Experimenten und ihrer Durchführung im Labor ansetzen und die dabei anfallenden Daten in elektronischer und wiederverwendbarer Form erfassen. Von dort fließen die Daten idealerweise noch vor ihrer Verwertung in wohl-annotierter Form in lokale, nationale und internationale Repositorien, um ihre Wiederverwendbarkeit zu fördern und die Validierung der Forschung zu ermöglichen, in denen sie entstanden sind. Dies wird auch den Publikationsprozess in der Wissenschaft stark verbessern,” sagt der Jenaer Chemieinformatiker Prof. Steinbeck. Die Jenaer Arbeitsgruppen in der Chemie werden als Modellbeispiel für die Implementierung der Entwicklungen von NFDI4Chem dienen. Beteiligt sind 27 universitäre und außeruniversitäre Partnereinrichtungen in ganz Deutschland
Natur-Daten als Grundlage für Entscheidungen in Politik und Gesellschaft
Ebenfalls bewilligt wurde das NFDI4BioDiversitäts-Vorhaben, bei dem die Uni Jena Mitantragstellerin und an zwei von fünf Arbeitsgebieten federführend beteiligt ist. NFDI4BioDiversität wird von Prof. Dr. Frank Oliver Glöckner an der Universität Bremen koordiniert und hat zum Ziel, Forschende aus Biodiversität, Ökologie und Umweltwissenschaften umfassend zu unterstützen und die Datengrundlage für Entscheidungen in Gesellschaft und Politik zu liefern. Dies ist angesichts des dramatischen Artensterbens, das weltweit zu beobachten ist, von besonderer Bedeutung. Ein Fokus liegt auf der Einbindung einer breiten Community auch jenseits der klassischen Wissenschaft, u. a. mit naturkundlichen Fachgesellschaften, Nationalparks oder auch Naturschutz-Behörden.
Prof. Dr. Aletta Bonn, die mitverantwortlich für das entsprechende Arbeitsgebiet zur Schnittstelle Wissenschaft-Gesellschaft in NFDI4BioDiversität ist, sagt dazu: „Große Teile der für die Biodiversitätsforschung relevanten Daten werden von Fachgesellschaften und Bürgerwissenschaftlern erhoben. In mehr als 20 Vorhaben binden wir diese Communities in das Vorhaben ein”.
Ein zweiter Schwerpunkt in NFDI4BioDiversität ist die Konsolidierung der Dienste- und Werkzeuglandschaft. „Ein Ziel in diesem Bereich ist es, die Zertifizierung von Datenzentren und Softwareprodukten voranzutreiben, so dass Forschende verlässliche Partner für Datenmanagement problemlos identifizieren können”, erläutert die Jenaer Informatikerin Prof. Dr. Birgitta König-Ries, eine der Leiterinnen dieses Arbeitsgebiets. Letzten Endes sollen diese Arbeiten in den „NFDI Research Data Commons“ münden, einer virtuellen erweiterbaren Infrastruktur, die domänenübergreifend das Speichern, Analysieren, Nutzen und Kombinieren von Daten erlauben soll. Beteiligt sind 49 universitäre und außeruniversitäre Partnereinrichtungen in ganz Deutschland.
„Wir planen eine enge Zusammenarbeit aller Jenaer NFDI-Beteiligten, um die Jenaer Wissenschaft optimal zu unterstützen und die Ergebnisse aus der NFDI unmittelbar in den Jenaer Forschungsalltag zu übertragen“, sagt Prof. Dr. Georg Pohnert, Vizepräsident für Forschung der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Info, FSU JENA // Axel Burchardt