Am Montagabend lud die im Frühjahr gegründete Jenaer Agentur für Zwischennutzung zu einer offenen Gesprächsrunde ins F-Haus. Im Podium saßen Vertreter der Stadtverwaltung, der freien Szene, der Immobilienverwaltung und ein Mitstreiter der ZwischenZeitZentrale in Bremen, die schon jahrelange Erfahrung in der Vermittlung von Zwischennutzungen haben. Die Veranstaltung traf auf reges Interesse, auf Grund der Infektionsschutzbestimmungen war die Teilnehmerzahl begrenzt und nicht alle Interessierten konnten teilnehmen.
Katrin Hitziggrad, die seit April 2020 unter dem Dach der Bürgerstiftung Jena die Agentur für Zwischennutzung aufbaut, berichtete von ihrer Arbeit der letzten Monate. Erste Zwischennutzungen in Einzelhandels- und Büroflächen sind erste Erfolge. „Grundvoraussetzung erfolgreicher Zwischennutzungen ist die Bereitschaft der Immobilieneigentümer*innen“, berichtete sie. Gemeinsam mit dem Dezernat für Stadtentwicklung wurden die ersten Eigentümer angeschrieben, an deren Leerstand Katrin Hitziggrad nicht vorbei gehen will und kann. Doch die Rückmeldungen sind sehr verhalten. Eine erste Erfolgsgeschichte ist die zeitweise Vermittlung eines ehemaligen Tattoo-Studios in Winzerla an eine Künstlerin. Michael Gräf, Geschäftsführer der Heimstätten Verwaltungsgesellschaft Jena mbH, berichtete von seinen Erfahrungen mit dieser Vermittlung und gab einen Einblick in die Themen der Eigentümer*innen und nannte mögliche Gründe für Leerstände. Er möchte weiter an den Themen der Zwischennutzung angebunden bleiben.
Dass die kontinuierliche Arbeit und die Vertrauensbildung einer Zwischennutzungsagentur in einer Stadt „für Furore sorgen“ kann, wurde an den vielen Erfolgsgeschichten aus der Präsentation der ZwischenZeitZentrale Bremen deutlich. Daniel Schnier berichtete von einer über die letzten neun Jahre gewachsenen immer an Erfolg interessierten Zusammenarbeit mit der Bremer Stadtverwaltung, deren Früchte überall in der Stadt sichtbar wurden, sei es in temporären Nutzungen von Abrisshäusern für Kunstprojekte oder auch in der gemeinsamen Gestaltung von ganzen Quartieren.
Dass eine solche fruchtbringende Zusammenarbeit der Zwischennutzungsagentur und der Stadtverwaltung auch in Jena möglich ist, wurde an den Statements von Claudia Rose, der Referentin von Bürgermeister Christian Gerlitz, und Jonas Zipf, dem Werkleiter von JenaKultur deutlich. Sowohl das Dezernat für Stadtentwicklung, als auch JenaKultur haben sich für die Schaffung einer Zwischennutzungsagentur stark gemacht und fördern Katrin Hitziggrads Stelle. „Leerstand zieht Leerstand an, das gilt es zu vermeiden“, so Claudia Rose, die in engem Austausch mit Katrin Hitziggrad steht.
„Ideen brauchen Raum“, dieser Ausspruch wurde an dem Abend mehrfach verwendet. Die Vertreter*innen der freien Szene aus dem Publikum schilderten wie schwierig es war und auch noch ist bezahlbare Räume zu finden. Auch Flächen für Open Air Formate werden mehr denn je nachgefragt. Für junge Leute, die etwas bewegen wollen, sei Jena auf Grund der fehlenden Räume unattraktiv und viele würden in andere Städte wie Leipzig oder Berlin abwandern. Felix Blumenstein, er vertrat auf dem Podium die freie Szene und die IG Soziokultur, sprach den „Dschungel“ an Verordnungen an. In Bremen und in Halle/Saale gibt es bereits vereinfachte Genehmigungsverfahren, um z.B. kurzfristig Veranstaltungen anzumelden, so berichten Besucher aus dem Publikum.
„Es ist wichtig weiterhin im Gespräch zu bleiben und alternative Konzepte zur Öffnung von Immobilien zu prüfen.“, so Katrin Hitziggrad. Städte wie Weimar und Erfurt machen es mit dem Aufbau von Kulturgenossenschaften und Mietsyndikats-Projekten vor. Am Schluss gab es die Möglichkeit, Utopien zu entwerfen und Daniel Schniers Idee für Jena fand viel Applaus: „Der Turm im Stadtzentrum wird zum Kunstturm, in jeder Etage ein anderer Club, Ateliers und Ausstellungsflächen. Ganz oben gibt es auf der Dachterrasse vegane Burger.“
Info, Bürgerstiftung Jena