Jena und der NSU-Komplex

Zehn Jahre nach dem öffentlichen Bekanntwerden des sogenannten »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) sind viele Fragen offen, viele Wunden ohne Aussicht auf Heilung. Die Haupttäter:innen kamen aus Jena. Es ist an der Zeit, die stadtgesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem rechten Terror, mit Rassismus, mit Diskriminierung und mit der Bedrohung Andersdenkender zu intensivieren. Es ist an der Zeit, die Opfer und Betroffenen sichtbarer werden zu lassen. Es ist an der Zeit, sie in ihrem Kampf gegen die Ursachen von Ausgrenzung, Hass und Gewalt an der Seite von diversen Bürgerinitiativen zu würdigen und zu stärken.

Das Progamm für Jena 

Die Veranstaltungsreihe zum Download (PDF Datei) >>

Auf Initiative von JenaKultur, der Stadt Jena, der Friedrich-Schiller-Universität Jena und dem Institut für Zivilgesellschaft und Demokratie werden in mehreren Etappen die historischen Wurzeln aufgearbeitet, Fragen gestellt, Perspektiven eröffnet.

Neben dem Engagement und der Beteiligung am bundesweiten Kernprogramm veranstaltet die Stadt Jena Ausstellungen, Site-Specific-Arbeiten, Podien, Diskussionen, Workshops, Lesungen, Vorträge und vieles mehr.

Gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, Aktivist:innen, Wissenschaftler:innen und Künstler:innen wird damit ein Programm präsentiert, welches sich in unterschiedlichen Kontexten dem Unfassbaren nähert und einen Austausch von Sichtweisen ermöglichen soll.

Zentrale Erkenntnisse aus über 30 Veranstaltungen werden in einen kommunalen Handlungsplan der Stadtverwaltung für Vielfalt und gegen Rassismus einfließen.

Am Mittwoch wurde das Programm unter Beteiligung vieler Initiator:innen sowie Akteur:innen präsentiert. Die komplette Übersicht aller Punkte entsteht sukzessive auf der Projektseite. Hier wird auch eine Aufzeichnung der Pressekonferenz eingefügt.

www.kein-schlussstrich-jena.de

Klang der Stolpersteine, Jena 2020

Foto: Klang der Stolpersteine Jena November 2020 // Jenafotografx.de

Ausgewählte Veranstaltungen

  • Donnerstag, 17. Juni, 18 Uhr, Theaterhaus Jena

    Verleihung des JMR-Lenz-Preises für Dramatik der Stadt Jena an Antje Schupp

    Laudator: Cem Özdemir mit Grußwort von OB Dr. Thomas Nitzsche
  • Samstag, 16. Juli bis Sonntag, 8. August, Kunstsammlung Jena

    Offener Prozess

    Ausstellung, Kuratorisches Konzept: Ayse Güleç und Fritz Laszlo Weber
  • Mittwoch, 25. August bis Samstag, 11. September, Nietzsche Gedächtnishalle | Altes Funkhaus Weimar, Humboldtstraße 36, 99425 Weimar

    »438 Tage NSU-Prozess — eine theatrale Spurensuche«

    Ein dokumentarisch-performatives Reenactment von Nuran David Çalış & Tunçay Kulaoğlu 
  • Mittwoch, 29.9, Buchenwald/ Jerusalem/ Berlin/ Jena

    GLEISSENDES LICHT – ein musikalisches Ritual des Erinnerns von Marc Sinan

    Ein Konzert im Rahmen der ACHAVA Festspiele Thüringen und des Themenjahres »Neun Jahrhunderte Jüdisches Leben in Thüringen«

    Besetzung: Gedenkstätte Buchenwald: Knabenchor der Jenaer Philharmonie, Staatskapelle Weimar / Jerusalem: Hadar Dimand/ Berlin: Michael Wendeberg / Jena: Jenaer Philharmonie, Jenaer Madrigalkreis und Solist:innen 
  • Donnerstag, 30. September, Volksbad Jena

    Die folgende Geschichte

    Zur Kultur, Funktion und Dialektik des Erinnerns. Vier Impulse und ein Gespräch

    Gäste: Prof. Dr. Aleida Assmann, Prof. Dr. Volkhard Knigge, Prof. Dr. Andreas Beelmann und Doğan Akhanlı, Moderation: Jonas Zipf 
  • Ab Samstag, 2. Oktober, 14 Uhr, Treffpunkt: Johannisstraße 14, Holzskulptur 

    Angstzonen und Schutzräume. Rechte Gewalt, antirassistisches Engagement und die Jenaer Stadtgesellschaft um 1990

    Stadtrundgang zur Geschichte von Rassismus und rechter Gewalt, von migrantischen Lebenswelten und zivilgesellschaftlichem Engagement

    Veranstalter: ThürAZ, BMBF- Forschungsverbund „Diktaturerfahrung und Transformation“ und Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte an der FSU Jena 
  • Sonntag, 3. Oktober, 11 Uhr

    Eine künstlerische Intervention im öffentlichen Raum

    zu deutschen Kontinuitäten, Leerstellen in der Aufarbeitung der 1990er Jahre und davor 
  • Sonntag, 3. Oktober, Rathausdiele, 15-18 Uhr

    Weimar, Bonn, Berlin: Gedenkkultur im Wandel der Zeit

    Vortrag und Symposium mit Prof. Dr. Michael Dreyer, Decolonize Jena, Ayşe Gülec, Prof. Dr. Verena Krieger, Prof. Dr. Volkhard Knigge 
  • Mittwoch, 6. Oktober, Ernst-Abbe-Hochschule Jena, 14 Uhr

    Rassistische Verhältnisse. Kritik an der Rolle der Sozialen Arbeit im NSU-Komplex

    Podiumsdiskussion u.a. mit Christina Büttner, Konrad Erben, Prof. Dr. Heike Radvan, Moderation: Prof. Dr. Anna Kasten und Prof. Dr. Sören Kliem 
  • Samstag, 9. Oktober, 15-16.30 Uhr

    »Rechte Gewalt in Jena? Gibt’s doch nicht mehr!«

    Rassistische Übergriffe in Stadt und Umland heute. Aufgaben für Politik und Soziale Arbeit.

    Veranstalter: Fanprojekt Jena e.V. und Straßensozialarbeit Mitte
  • Freitag, 8. Oktober, 19 Uhr

    »Zeig mir den Ort meiner Erinnerung(en)«

    1990 Jena Winzerla – rechte (Jugend-)Gruppen sozialisieren sich

    1990 Jena Paradies – (Post-)Migrant*innen solidarisieren sich

    Veranstalter: Decolonize Jena 
KEIN SCHLUSSSTRICH! Jena und der NSU-Komplex – Vorstellung des Jenaer Programms
KEIN SCHLUSSSTRICH! Jena und der NSU-Komplex – Vorstellung des Jenaer Programms
  • Freitag, 15. Oktober (15-18 Uhr) und Samstag, 16. Oktober (10-14 Uhr), HUGO Winzerla

    Verwaltung als Spiegel einer diversen Gesellschaft?

    Nicht öffentliches Moderationsverfahren zur Erarbeitung der Selbstverpflichtung und des Handlungsplanes der Jenaer Stadtverwaltung für Diversität, Leitung: Büro des Oberbürgermeisters
  • Sonntag, 17. Oktober, Volksbad, 20 Uhr

    Sebastian Krumbiegel: »Courage zeigen – Eine musikalische Lesung«

    Veranstalter: JenaKultur
  • Mittwoch, 20. Oktober, Rathausdiele, 19 Uhr

    2×3: Sie kamen von hier!

    Podium#1: Die Stadt und der NSU: Dr. Albrecht Schröter und Dr. Thomas Nitzsche im Gespräch mit Christhart Läpple

    Podium#2: (Über) drei Jahrzehnte antifaschistisches, antirassistisches Engagement: Rea Mauersberger, Dr. Gisela Horn und Michael Ebenau im Gespräch mit Dr. Matthias Quent
  • ab Donnerstag, 21. Oktober

    (Un)Sichtbare Spuren (Premiere)

    Audiovisueller Walk im Stadtraum – Teil 1 der Umsetzung der mit dem JMR-Lenz-Preis der Stadt Jena ausgezeichneten Konzeption »Die mutige Mehrheit«

    Konzeption + Text + Umsetzung: Antje Schupp, Veranstalter: Theaterhaus Jena
  • Sonntag, 24. Oktober, Rathausdiele Jena, 11 Uhr

    »Rassismus.Macht.Vergessen«

    Panel zur Vorstellung des Buchprojekts von und mit Dr. Onur Nobrega, Rebekka Blum und Maria Apostolou, Moderation: Jonas Zipf, Dr. Matthias Quent
  • Dienstag, 2. November, Rosensäle, Fürstengraben 27, Jena (13-18 Uhr)

    Anfänge verhindern, Abkehr ermöglichen! Wissenschaftliche Grundlagen und praktische Ansätze der Radikalisierungsprävention und De-Radikalisierung

    Vortragsveranstaltung mit Projektpräsentationen 

    Mit Prof. Dr. Andreas Beelmann, Prof. Dr. Andreas Zick, Dr. Lena Frischlich, Prof. Dr. Michael May, Dr. Britta Schellenberg

    Veranstalter: Zentrum für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration (KomRex), Friedrich-Schiller-Universität Jena
  • Dienstag, 9. November, ab 17 Uhr, an über 40 Orten in Jena 

    Epilog: Klang der Stolpersteine

    Dezentrales Klang-Denkmal an Stolpersteinen und anderen Orten, die etwas mit den Verbrechen der Nazi-Diktatur zu tun haben. Dort wird das Lied »Dos Kelbl« erklingen.

    Initiiert von Klaus Wegener, G.G. Paulus, Till Noack

Impulse der Initiator:innen

  • Dr. Thomas Nitzsche, Oberbürgermeister der Stadt Jena

    Die Taten von jungen Menschen aus unserer Mitte und gesellschaftliches Versagen haben vielfaches Leid verursacht. Mit der intensiven Auseinandersetzung werden wir uns der Verantwortung gegenüber den Opfern des Terrors stellen. Ein langwieriger, schmerzhafter und notwendiger Prozess, bei dem kein Schlussstrich gezogen wird.
  • Jonas Zipf, Werkleiter JenaKultur

    Als Kulturakteure entspricht es unserer Überzeugung, dass es nur auf einer breiten Basis, auf dem Weg der Inklusion verschiedener Blickwinkel, gelingen kann, einen aktiven Umgang mit Rassismus und Rechtsextremismus zu erreichen. Neben einer starken Zivilgesellschaft sind es auch und gerade die diskursiven Mittel von Kunst und Kultur, die die Chance bieten, einen neuen und offenen Dialog zu öffnen.
  • Prof. Dr. Walter Rosenthal, Präsident der Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Die Verteidigung der offenen Gesellschaft
     ist ein maßgeblicher Bestandteil einer wissenschaftlichen Kultur im 21. Jahrhundert. Die aufgeklärte Wissenschaft bildet die Antithese zu Nationalismus, Menschenfeindlichkeit, Gewalt und Rassismus. Forschung, Lehre und Studium brauchen Vielfalt, Toleranz und gegenseitige Neugier.
  • Dr. Axel Salheiser, Referent am Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ)

    Die völkische und rassistische Ideologie, die die NSU-Täter:innen und ihr Unterstützerumfeld antrieb, grassiert bis heute. Hass, Hetze und Bedrohungen haben zugenommen, Betroffene werden immer noch unzureichend geschützt – im Rahmen der Veranstaltungsreihe zum NSU-Komplex werfen wir einen vergleichenden Blick auf diese internationale Entwicklung.
  • Dr. Gösta Gantner, Projektleiter des Jenaer Programms

    Auch wenn wir uns im Herbst auf die 1990er Jahre konzentrieren, um die Wurzeln des NSU-Komplexes in Jena deutlicher zutage treten zu lassen, ist damit keine rückwärtsgewandte Veranstaltungsreihe verbunden. Eine Abspaltung des Vergangenen funktioniert nicht, weil es nur vermeintlich vergangen ist. Nicht nur die Wunden sind noch lange nicht verheilt, auch die Problemlagen längst nicht vom Tisch. Die Losung »Kein Schlussstrich!« unterstreicht das Ansinnen, diese Aufarbeitung immer auch als kritische Bestandsaufnahme unserer eigenen Gegenwart zu begreifen.

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