Astronomen aus den Niederlanden, Belgien, Chile, den USA und Deutschland bilden neu entdeckten Exoplaneten „YSES 2b“ direkt neben seinem Mutterstern ab.

Einem internationalen Forschungsteam unter Beteiligung von Dr. Markus Mugrauer vom Astrophysikalischen Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist die direkte Abbildung eines jungen Exoplaneten gelungen. Der Planet umkreist den ca. 360 Lichtjahre entfernten sonnenähnlichen Stern YSES 2, der sich am Südsternhimmel im Sternbild Musca (Fliege) befindet. Die Entdeckung des Exoplaneten gelang dem Team mit dem Instrument SPHERE am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile. Ihre Beobachtungen veröffentlichten die Forscherinnen und Forscher nun in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Astronomy & Astrophysics“.

Seit der Entdeckung der ersten Exoplaneten vor gut 30 Jahren wächst die Zahl der neu entdeckten Planeten bei fernen Sternen stetig. Mittlerweile sind mehr als 4.000 Exemplare bekannt. Die allermeisten von ihnen sind jedoch nur durch indirekte Beobachtungsmethoden nachgewiesen worden. Die direkte Beobachtung von Exoplaneten neben ihren Zentralgestirnen gelang bisher dagegen deutlich seltener. „Nur der Einsatz einer modernen adaptiven Optik an einem Großteleskop der Acht-Meter-Klasse sowie spezieller Hochkontrastbeobachtungsverfahren erlaubt die direkte Abbildung solcher substellarer Objekte in unmittelbarer Nähe zu ihren viel helleren Muttersternen“, erklärt Markus Mugrauer. „Und genau das ist mit SPHERE am Very Large Telescope der ESO in Chile möglich. Dieses Instrument wurde speziell für die direkte Abbildung und Charakterisierung von Exoplaneten entwickelt“, ergänzt Mugrauer. Der neu entdeckte Exoplanet YSES 2b ist ca. 10.000-mal leuchtschwächer als sein Zentralgestirn. Ermöglicht hat die Entdeckung das noch junge Alter des Planeten. „Während der ersten wenigen Millionen Jahre ihrer Existenz strahlen Planeten im Wesentlichen die bei ihrer Entstehung freigesetzte Gravitationsenergie ab“, sagt Markus Mugrauer. Diese Strahlung liegt gemäß der Temperatur der Planeten in dieser frühen Entwicklungsphase im nahinfraroten Spektralbereich. Im vorliegenden Fall erfolgten die Beobachtungen bei ca. 1,6 und 2,2 Mikrometern.

Der junge, sonnenähnliche Stern YSES 2, aufgenommen am 08.12.2020 im Ks-Band (ca. 2.2µm) mit SPHERE am Nasmyth-Fokus von Melipal, einem der vier 8.2m Teleskope des Very Large Telescope am Paranal Observatorium der Europäischen Südsternwarte in Chile. Der Stern befindet sich in der Bildmitte hinter einer Koronagraphenmaske (graue Kreisfläche, Radius von 0.1 Bogensekunden). In dieser SPHERE-Aufnahme ist der neu entdeckte Exoplanet YSES 2b ca. 1 Bogensekunde südlich von seinem Mutterstern zu erkennen. (Abbildung: Markus Mugrauer/Universität Jena)
Der junge, sonnenähnliche Stern YSES 2, aufgenommen am 08.12.2020 im Ks-Band (ca. 2.2µm) mit SPHERE am Nasmyth-Fokus von Melipal, einem der vier 8.2m Teleskope des Very Large Telescope am Paranal Observatorium der Europäischen Südsternwarte in Chile. Der Stern befindet sich in der Bildmitte hinter einer Koronagraphenmaske (graue Kreisfläche, Radius von 0.1 Bogensekunden). In dieser SPHERE-Aufnahme ist der neu entdeckte Exoplanet YSES 2b ca. 1 Bogensekunde südlich von seinem Mutterstern zu erkennen. (Abbildung: Markus Mugrauer/Universität Jena)

Entstehungsprozess von YSES 2b ist noch unklar

Fragen wirft YSES 2b noch hinsichtlich seines Entstehungsprozesses auf. In der Astrophysik werden heute zwei unterschiedliche Theorien der Planetenentstehung in großen Gas- und Staubscheiben um junge Sterne diskutiert: Da gibt es zum einen das sogenannte Kernwachstumsszenario, bei dem sich zunächst aus Staub- und Eispartikeln durch Verklumpungs- und Akkretionsprozesse kilometergroße Planetesimale bilden, die dann durch nachfolgende Kollisionen zu immer massereicheren Körpern heranwachsen, die schließlich das sie umliegende Gas anziehen können, wodurch Gasplaneten entstehen. Und zum anderen besteht die Möglichkeit, dass eine gravitative Instabilität der Gas- und Staubscheibe um einen jungen Stern selbst zur Planetenentstehung führen kann. In den Scheiben bilden sich dabei zunächst Verdichtungen von Gas- und Staubmassen, die durch ihre Eigengravitation dann weiter zu Planeten kontrahieren.

Die Existenz von YSES 2b kann aber keine der beiden Theorien eindeutig erklären. Der Planet ist einerseits zu massearm, als dass er in seinem Abstand von mehr als 100 Astronomischen Einheiten zum Mutterstern durch gravitative Scheibeninstabilität entstanden sein könnte. Und auf der anderen Seite ist er zu weit von seinem Mutterstern entfernt, als dass seine Entstehung durch das Kernwachstumsszenario erklärt werden könnte.

Folgebeobachtungen sind also nötig, um zu erforschen, wie der Entstehungsprozess des neu entdeckten Exoplaneten genau abgelaufen ist. Dafür sollen einerseits die Zusammensetzung seiner Atmosphäre durch spektroskopische Messungen analysiert und andererseits seine Umlaufbahn um den Mutterstern detailliert charakterisiert werden. Außerdem, so das Fazit der Autoren, bleibt zu prüfen, ob der Stern noch weitere Planeten besitzt, die ihn in geringerem Abstand umkreisen. Dazu seien bereits neue Beobachtungen mit SPHERE am Very Large Telescope der ESO geplant. „Auch wenn zurzeit noch unklar ist, wie genau YSES 2b entstanden sein könnte, so sind wir doch zuversichtlich, dass neue Beobachtungen helfen werden, dieses Rätsel zu lösen“, resümiert Studienleiter Alexander Bohn, Doktorand an der Universität Leiden (Niederlande). „Dadurch erhoffen wir uns neue Erkenntnisse über die Entstehung von Gasriesen, die auch für unser Sonnensystem relevant sein könnten.“

Das Very Large Telescope (VLT) der ESO steht auf 2.500 Metern Höhe in der Atacama-Wüste in Chile. (Foto: M. Claro/ESO)
This almost 360 degree panoramic view, we can see the beginning of the Milky Way arc lying parallel to the horizon behind the ESO-operated Very Large Telescope (VLT). To the left the Large and Small Magellanic Cloud galaxies are visible as small bright patches in the sky. The VLT is based at the Cerro Paranal site in the Atacama Desert of northern Chile, and it houses four 8.2-metre Unit Telescopes known as Antu, Kueyen, Melipal and Yepun, shown here lined up in front of a stunning starry backdrop. (Foto: M. Claro/ESO)

Steckbrief von YSES 2b und seinem Mutterstern YSES 2

YSES steht für „Young Suns Exoplanet Survey“ und ist der Titel eines Beobachtungsprojektes am Paranal Observatorium der Europäischen Südsternwarte in Chile. In YSES wird bei jungen, sonnenähnlichen Sternen in der Scorpius-Centaurus Assoziation nach Planeten gesucht und deren Eigenschaften charakterisiert. YSES 2, der Mutterstern des neuen Planeten, ist knapp 14 Millionen Jahre „jung“ und Mitglied der unteren Centaurus-Crux Sternassoziation. Der neu entdeckte Planet YSES 2b ist ca. 115 Mal so weit von seinem Mutterstern entfernt, wie die Erde von der Sonne. Seine Oberflächentemperatur liegt zwischen 900 und 1.100 °C und er besitzt die etwa fünf- bis acht-fache Masse des Planeten Jupiter in unserem Sonnensystem. Damit zählt YSES 2b zur Klasse der sogenannten „weiten Gasriesen“, von denen bis heute nur wenige bei jungen Sternen nachgewiesen werden konnten. YSES 2b ist zudem einer der masseärmsten direkt abgebildeten Exoplaneten, die bisher gefunden wurden. Insbesondere besitzt der Exoplanet nur 0,5 Prozent der Masse seines Muttersterns und damit das bisher niedrigste Massenverhältnis eines direkt abgebildeten Exoplaneten im Orbit um einen sonnenähnlichen Stern.

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Informationen der Uni Jena

Info, FSU Jena // Sebastian Hollstein

 Fotos: M. Claro/ESO und Abbildung YSES 2b Markus Mugrauer // Universität Jena